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Arbeiterbüchereien

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Wer leiht mir Bücher? Die Wiener Arbeiterbüchereien (Plakat aus dem Jahr 1929)
Daten zum Eintrag


Anfänge

Die Bildung nahm von Anfang an einen hohen Stellenwert in der Arbeiterbewegung ein; die ersten Arbeiterorganisationen formierten sich als Arbeiterbildungsvereine. Die Industrialisierung und der Aufstieg des liberalen Bürgertums führten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu größerer Wertschätzung von Wissen und Bildung. Auf dem Gebiet der Volksbildung trafen sich die Interessen des liberalen Bürgertums und der jungen Arbeiterbewegung. Der 1887 gegründete Wiener Volksbildungsverein schuf bis 1914 ein Büchereisystem mit 27 Zweigstellen, die jährlich zwei Millionen Entlehnungen verzeichneten. Ein engagierter Vorkämpfer auf dem Gebiet der Volksbildung war Josef Luitpold Stern, Leiter der sozialdemokratischen Bildungszentrale und Mitbegründer der "Büchergilde Gutenberg".

Erste Republik

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Arbeiterbücherei, Thaliastraße 75 (1928).

In der Zwischenkriegszeit erreichte die Entwicklung der Arbeiterbüchereien einen Höhepunkt. Die von der Arbeiterbildungskonferenz 1928 beschlossenen Richtlinien sahen im Buch ein wichtiges Bildungsinstrument. Vor allem in den neu errichteten Gemeindebauten entstanden Büchereien in architektonisch anspruchsvoll gestalteten Räumen (der Sandleitenhof in Ottakring ist ein eindrucksvolles Beispiel). Auch für Kinder wurden Büchereien eingerichtet. So meldete die Bildungszentrale 1928, dass der Bezirk Meidling die erste gut angelegte Kinderbücherei betreibe. 1932 wurden in über 60 Arbeiterbüchereien 2,36 Millionen Entlehnungen erfasst.

Siehe auch Erwachsenenbildung im Roten Wien.

Austrofaschismus/Nationalsozialismus

Die gewaltsame Unterdrückung der Arbeiterbewegung nach den Februarkämpfen 1934 setzte dieser Expansion ein jähes Ende: Die Arbeiterbüchereien wurden durch das Regime beschlagnahmt, das Personal wurde weitgehend ausgetauscht und die literaturpolitische Ausrichtung geändert. Nach dieser Säuberung der Bestände führte der "Verein Arbeiterbüchereien" von 1934 bis 1936 den Betrieb weiter. 1936 wurden die Arbeiterbüchereien kommunalisiert und unter dem Titel "Arbeiterbüchereien der Stadt Wien" betrieben.

Spätestens nach der Kommunalisierung hatten die Arbeiterbüchereien nicht mehr viel mit ihren sozialdemokratischen Wurzeln gemein. Die gesamte Ausrichtung der Bibliotheken war drastisch verändert worden. Die gravierendsten Veränderungen brachten vermutlich die - ob ihrer Willkür und Ausmaße völlig absurd anmutenden - "Zensurmaßnahmen" mit sich. An die 27.000 Bücher (rund 1.500 Titel) wurden von der Ausleihe gesperrt und die meisten von ihnen später vermutlich "eingestampft". Ein massiver Büchermangel war die Folge. Der freie Zugang zur Literatur wurde aber auch durch andere Maßnahmen erschwert, zum Beispiel durch die Einführung so genannter "Eignungsvermerke" und "Lesergruppen": Nach eingehender "Leserberatung" sollten nur mehr "geeignete" Bücher an die Leserinnen und Leser verliehen werden. In ihrer Literaturpolitik förderte die austrofaschistische Büchereileitung vor allem die Ausgabe von "einfacher Literatur". Für die Buchanschaffung war die "österreichische Note" ausschlaggebend: Nur mehr Bücher, die sich in positiver Weise auf Österreich beziehen, sollten erfasst werden. Die Buchausgabe wurde auf drei Werke pro Entlehnung beschränkt. Für "Wissenschaft" war in den Augen der neuen Leitung kein Platz in den Arbeiterbüchereien; die Sachbuchliteratur wurde in den Hintergrund gedrängt.

Unter nationalsozialistischer Leitung wurden die "Arbeiterbüchereien der Stadt Wien"1938 in die "Wiener Städtischen Büchereien" umgewandelt. Bücher jüdischer Autoren wurden aus dem Bestand entfernt, der Bestand an belletristischen Werken wurde zugunsten von Sachbüchern im Sinne der NS-Weltanschauung reduziert. Ab Dezember 1941 konnten die Leser und Leserinnen pro Besuch nur einen Roman entlehnen. Ihre Zahl sank stark, die Professionalisierung der Bibliothekare stieg hingegen an. Feste Dienstposten wurden eingerichtet, und das Personal hatte eine Ausbildung an einer der deutschen Volksbüchereischulen zu absolvieren

Nachkriegszeit

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann auch für die Städtischen Büchereien der Wiederaufbau. Von den ehemaligen Arbeiterbüchereien war nur noch ein Drittel übriggeblieben (1945 gab es 23 Zweigstellen), und die Buchbestände waren durch die Säuberungen der Austrofaschisten und Nationalsozialisten dezimiert worden. Buchbeschaffung und Instandsetzung von Zweigstellen waren daher die ersten Ziele der Nachkriegszeit.

Da die Sozialdemokraten auf die Rückgabe der Arbeiterbüchereien verzichteten, konnten die Städtischen Büchereien (heute: Büchereien Wien) somit der neuen Stadtverwaltung eingegliedert werden. Gleichzeitig vereinbarten alle drei damals im Nationalrat vertretenen politischen Parteien (ÖVP, SPÖ, KPÖ), auf die Eröffnung parteieigener Bibliotheken zu verzichten.

Literatur

  • Robert Danneberg: Die Wiener Arbeiterbibliotheken. In: Der Kampf. Sozialdemokratische Monatsschrift, Band 4. Wien: Verlag Georg Emmerling 1911, S. 320-326
  • Herbert Exenberger, Die Wiener Arbeiterbüchereien. Ihre Geschichte und ihre kulturellen Leistungen im Dienste der Wiener Volksbildung, Typoskript 1968
  • Herbert Exenberger: Die Arbeiterbüchereien der Stadt Wien nach dem März 1938. In: Wien 1938. Hg. von Felix Czeike. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 2), S. 237 ff.
  • Gisela Kolar: Ein "Vorspiel". Die Wiener Arbeiterbüchereien im Austrofaschismus. Dipl.-Arb. Universität Wien. Wien 2008, Download: [1]
  • Alfred Pfoser: Literatur und Austromarxismus. Wien: Löcker 1980
  • Michael Stickler: Die Volksbüchereibewegung in Österreich. In: Franz Unterkircher et al.: Die Bibliotheken Österreichs in Vergangenheit und Gegenwart. Wiesbaden: Reichert 1980 (Elemente des Buch- und Bibliothekswesens, Bd. 7), S.157-194

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