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Brauerei Schellenhof

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Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Firma
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1759
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1926
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 4.693
GND
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Bier, Brauhäuser
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Letzte Änderung am 12.09.2023 durch Admin
  • 23., Ketzergasse 123
  • 23., Schellenhofgasse
  • 23., Wildagasse

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48° 7' 40.28" N, 16° 18' 13.95" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Brauerei Schellenhof – Erste Bierbrauerei Aktiengesellschaft

Die Zeit vor der Gründung der Ersten Brauerei Aktiengesellschaft

Im Edelsitz Schellenhof, einem befestigten Dominikalbesitz, soll schon ab 1559 Bier gebraut worden sein.[1] 1622 durfte der Schellenhof Bier an das Wiener Bürgerspital liefern. Während der Zweiten Osmanischen Belagerung wurde der Schellenhof samt Bräuhaus zerstört, aber bereits zwei Jahre später stand eine Brauerei wieder in Betrieb.

Der Schellenhof bestand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus der Bierbrauerei, einer Mühle, einem Ziegelofen und einem Gasthaus und war bei den Wienern sehr beliebt: „Das Bräuhaus, bei welchem auch ein Garten, eine Kegelbahn usw. angelegt ist, findet in den Sommertagen äußerst zahlreichen Besuch von Wiener Bierfreunden. Man braut hier das beste Bier in der Gegend um Wien“.[2] Mitte der 1840er Jahre scheint das Brauhaus unter dem Namen „Mack’s Schellenhofer Bierbrauerei“ auf, die jährlich knapp 3.000 Hektoliter Bier braute. Valentin von Mack und seine Vorfahren waren Grundherren und Wohltäter der Gegend (Mackgasse in Kalksburg und Valentingasse in Mauer). Ihre Grundherrschaft endete im Jahr 1848, dann wurde sie nach der Revolution aufgelöst und die Brauerei von Johann Christian Hoppe erworben.

Die Erste Bierbrauerei-Actiengesellschaft

Im April 1862 konstituierte sich ein Gründungskomitee für die Bildung einer Aktiengesellschaft, die Johann Christian Hoppe die Brauerei um 157.000 Gulden abkaufte und beschloss, sie in die „Erste Bierbrauerei-Actiengesellschaft in Wien“ einzubringen. In diesem Komitee saßen Reichsratsabgeordnete und einige andere honorige Wiener Bürger. Sie nutzten dabei ebenso wie die Hütteldorfer Brauerei neue gesellschaftsrechtliche Regelungen und konnten so frisches Geld von privaten Anlegern für Ausbauprojekte verwenden.

Die Niederösterreichische Eskomptegesellschaft legte im Rahmen einer Subskription 5000 Aktien zu 100 Gulden auf, von denen die Hälfte vom Gründungskomitee gezeichnet wurden. Der Rest wurde der Öffentlichkeit als hervorragende Anlagemöglichkeit in Zeitungsannoncen angeboten, die neben den zu erwarteten Kurssteigerungen der Aktien eine jährliche Verzinsung (Dividende) von 5 % versprachen.[3] Die Aktien wurde zur Gänze verkauft und bis 1867 wurden sogar nochmals Aktien für 600.000 Gulden gezeichnet, weil man noch zweimal Neuemissionen zum Kurs von 75 % beschlossen hatte.

Als Direktor wurde Joachim Hermann Werner bestellt, der ein Ausbauprogramm in Höhe von 60.000 Gulden, den Erwerb der Neuerlaaer Brauerei, den damals noch unüblichem Verkauf von Flaschenbier als „Schellendorfer Kaiser-Bier“ in 100 Depots in Wien und den umliegenden Gemeinden sowie die Errichtung einer 1,8 km neu zu bauenden Pferdebahn mit eleganten Salonwagen vom Bahnhof Liesing zum Schellenhof plante [4]

Nachdem man 1868 Werner ungedeckte Wechsel präsentierte, beging er Selbstmord und ließ ein konkursreifes Unternehmen zurück, das nur mit viel Mühe gerettet werden konnte. Die Niederösterreichische Eskomptegesellschaft als 10prozentiger Minderheitsaktionär konnte ihren Verlust minimieren, die anderen Aktionäre mussten hingegen große Verluste hinnehmen. Der Fall Schellendorf brachte es auf die Titelseiten der renommiertesten Zeitungen der Monarchie, „Schellendorf“ wurde noch jahrelang ein Schlagwort für betrogene Aktionäre und man war sich rasch bewusst, welche Gefahren das noch unerprobte Aktienrecht in sich bergen könnte.[5]

Die Niederösterreichische Eskomptegesellschaft schlug nun dem bisherigen Verwaltungsrat die Ausgabe von 7500 neuen Prioritätsaktien zu 100 Gulden vor. Die bisherigen Aktionäre konnten nun entweder eine alte in eine neue Aktie tauschen, die natürlich eine große Kursunsicherheit hatte, oder die alten zu einem Kurs von 60 % verkaufen. Da die Aktien nicht an der Börse notierten, war dieser vom Verwaltungsrat festgesetzte Kurs wahrscheinlich günstiger als ein Kurs, der im Börseverkehr entstanden wäre. Außerdem wurden die alten Verwaltungsräte gezwungen, für allfällige neue Verluste durch eine unbeschränkte Garantie gerade zu stehen, was ihnen bis 1871 noch weiteres Geld kostete.

Die Niederösterreichische Eskomptegesellschaft rettete mit dieser Neuemission von Aktien das Unternehmen, schaffte eine 60prozentige Ausgleichsquote und sicherte den weiteren Betrieb der Brauerei. Damit hatten zwar die alten Verwaltungsratsmitglieder den Großteil des Verlustes zu tragen, aber auch die große Zahl der spekulierenden Kleinaktionäre nahm herbe Verluste statt der erhofften fünfprozentigen Verzinsung und Wertsteigerung ihres Kapitals in Kauf.

Die Brauerei wies nach der 1871 erfolgten Konsolidierung eine durchaus zufriedenstellende Entwicklung auf und konnte sich ein Absatzgebiet in Wien sowie in den südlichen Gemeinden bis Mödling und Baden sichern. In der Wiener Altstadt wurden zwei Bierhallen errichtet und verpachtet, und zwar ab 1878 in der Seilerstätte 11 neben dem Ronacher sowie nach dem Ersten Weltkrieg in der Ertlgasse 2 an der Ecke zur Rotenturmstraße.

Die Eskomptegesellschaft nützte diese gute Entwicklung und reduzierte 1887 das Aktienkapital von bisher 670.000 Gulden auf die Hälfte und wandelte die alten in 3351 neue Aktien à 100 Gulden auf. Damit konnte sie ab 1888 die Börsenotierung erreichen und eine solide Entwicklung der Brauerei-Aktiengesellschaft fortsetzen. Der Aktienkurs lag bald bei 280 Gulden und erreichte 1907 sogar den Höchstwert von 400 Gulden, weil damals mit 136.000 hl der höchste Ausstoß in der Brauereigeschichte erzielt wurde.

Der Untergang der Brauerei Schellenhof

Nach 1914 ging es aber mit dem Schellenhof und auch seiner Brauerei stark bergab. Statt 106 Einwohnern wie im Jahr 1890 gab es 1923 nur mehr 43. Das Betriebsende wurde aber durch Bankentscheidungen eingeleitet, weil nach rein wirtschaftlichem Kalkül die Brauerei bei einem jährlichen Ausstoß von 40.000 hl nicht mehr rentabel war. In der letzten Brauperiode musste sie einen Verlust von fast 600.000 Schilling verbuchen und die Schuldenlast war auf 1,6 Millionen Schilling angewachsen.

1926 hatte die Niederösterreichische Eskomptegesellschaft gemeinsam mit der Creditanstalt für Handel und Gewerbe und dem Wiener Bankverein die Aktienmehrheit an den Vereinigten Brauereien übernommen und die Banken beherrschten damit den Wiener Brauherrenverein. Damit hatte ihr Engagement in der kleinen Brauerei Schellenhof angesichts der schlechten Bilanzergebnisse keinen Sinn und so beschloss sie - unterstützt von der Liesinger Brauerei – die Aktiengesellschaft zu liquidieren und die „Flurbereinigung“ im südlichen Wien fortzusetzen. Die Kleinaktionäre wehrten sich vergeblich und der Brauherrenverein übernahm den Liquidierungsvorgang. Der Braubetrieb wurde im Sommer 1926 stillgelegt und „die Kunden nach Verbrauch der Biervorräte, soweit solche noch vorhanden waren, von den Wiener Verbandsbrauereien übernommen“, wie im Liquidationsbericht zu lesen ist.[6]Ein Großteil der Schulden konnte mit dem Verkauf der Wiener Gaststätten, ein kleinerer mit der Verwertung von Gebäuden auf dem Schellenhof abgedeckt werden.

Im Haus Ketzergasse 105/Schellenhofgasse 1 befand sich die Brauhausrestauration, die als Lokal bis 1937 bestand. An die Brauerei erinnern noch einige Straßennamen und ein Bild des Heiligen Martin in der gleichnamigen Pfarre, das von der Hauskapelle der Brauerei Schellenhof 1875 hierher gebracht wurde.

Literatur

  • Börse vom 22.7.1926
  • Joseph Jahne: Heimatkunde des politischen Bezirkes Hietzing-Umgebung für Schule und Haus. Wien: Selbstverlag des k.u.k. Bezirksschulrates für Hietzing und Umgebung 1911
  • Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs 1898, Bd. 5, Leopold Weiss: Wien 1898, S. 225-226.
  • Morgenpost vom 15.6.1862
  • Neue Freie Presse 18.12.1868
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Böhlau Verlag: Wien-Köln-Weimar 2017, S. 256-259
  • Die Presse 1.10.1863, 17.12.1868
  • Schultes: Ausflüge nach dem Schneeberge in Unterösterreich. Wien: J. V. Degen 1802, 1807
  • Wr. Sonn- und Montagszeitung 9.9.1867

Einzelnachweise:

  1. Joseph Jahne: Heimatkunde des politischen Bezirkes Hietzing-Umgebung für Schule und Haus. Selbstverlag des k.u.k. Bezirksschulrates für Hietzing und Umgebung: Wien 1911, S. 173
  2. Schultes: Ausflüge nach dem Schneeberge in Unterösterreich. Wien: J. V. Degen: 1802, S. 6; 1807, S. 4.
  3. z.B. Morgenpost vom 15.6.1862.
  4. Die Presse 1.10.1863; Wr. Sonn- und Montagszeitung 9.9.1867; Joseph Jahne: Heimatkunde des politischen Bezirkes Hietzing-Umgebung für Schule und Haus. Wien: Selbstverlag des k.u.k. Bezirksschulrates für Hietzing und Umgebung 1911, S. 173.
  5. z.B. Neue Freie Presse 18.12.1868; Die Presse 17.12.1868.
  6. Börse vom 22.7.1926.